RAUS VON ZUHAUS !
  Februar/Maerz
 

Rundbrief Februar - Vom Leben in einem anderen (islamischen) Land.... 
 
Liebe Leute!! 
Mit neuem Mut und kraeftigen Elan ging es in mein neues Projekt... 

… deswegen die Verspaetung mit Nachrichten, aber die letzten zwei Wochen waren unglaublich stressing mit diermaligen Umzug, Wohnungs – und Projektsuche, Arbeitsprogramm entwickeln, Kinder kennenlernen undundund….
Seit Anfang Februar arbeite ich jetzt in Meknes, etwa die sechstgroesste Stadt Marokkos (aber kleiner als Tanger), ca. 200km suedlich Tangers gelegen und nur wenige Kilometer von Fes entfernt. Hier habe ich mich fuer die Fondation Rita Zniber (in der auch ein anderer deutscher Freiwilliger, Julien, arbeitet) entschieden, die sich um Waisenkinder kuemmert. 

Zu Beginn entwarf ich gleich ein richtig grosses Konzept fuer mein Theaterprojekt, woran es mir an meisten gelegen war, es umzusetzen. Daher ging es gleich mit einem wirklich anstrengenden Programm los: Morgens Arbeit im Krankenhaus, die Babys betreuen. Danach im Haus fuer die groesseren Kinder: Bastel – und Handwerkstunden (sobald das Material besorgt wird) und dreimal die Woche Theater mit jeweils zwei Gruppen. Die Jungs zwischen zehn und 16 Jahren alt, achtzehn insgesamt. Total motiviert und energiegeladen hat es wirklich Spass gemacht, auch wenn es wie immer Probleme gab. Die Kinder kennen ueberhaupt kein Theater, weswegen ich also von null auf anfangen musste, ausserdem sind sie extrem schuechtern, so dass ich meinen Schwerpunkt auf Gruppenspiele und –uebungen gelegt habe, von denen dann eben auch viele nicht geklappt haben, da ueberhaupt kein Vertrauen zwischen den Jungs da war. Trotz allem sind das Probleme mit denen man rechnen muss, also war das nicht weiter schlimm bei der Motivation. Schlimmer jedoch war, dass nach der ersten (recht erfolgreichen) Woche keiner mehr helfen konnte mir von franzoesisch auf arabisch zu uebersetzen, da zuviel durch die anstehenden Examen zu tun war. Trotzdem probierten wir es noch weiter, was mehr schlecht als recht ging und als wir auch keinen Raum mehr hatten (wobei der vorige schon fuer Theater absolute unbrauchbar war) ging es gar nicht mehr.

So sah ich mich also gezwungen, das Theaterprogramm vorruebergehend zu annulieren, obwohl die Jungs und ich natuerlich auch sehr enttaeuscht waren. Es ist einfach wirklich demotivierend und anstrengend, dass man hier aufgrund von mangelnder Organisation oder Hilfsbereitschaft, nach jedem neuen Anlauf seine Ideen niemals hier zu Ende bringen kann oder zu einem Ergebnis. Da ich auf meiner Suche nach neuen Projekten wo ich arbeiten kann einen recht guten Eindruck in das Funktionieren von marokkanischen sozialen Associationen bekommen habe, glaube ich, dass das leider hier nun mal so ist. Auch das Material fuer das Basteln habe ich immer noch nicht.

Daher arbeite ich momentan nur im Krankenhaus, was mir auch halbwegs recht ist. Dort kann es naemlich gar nicht erst zu Problemen kommen. Es arbeiten nur Frauen dort, die ich allesamt nicht verstehe, weil sie nur arabisch sprechen. So kann ich ruhig arbeiten und brauche keine Kommunikation, weil Babys nun mal nicht sprechen, was nach zuerst aggressiven und jetzt hyperaktiven Kindern auch mal sehr entspannend ist.

Dort helfe ich hauptsaechlich den Krankenschwester, die sich um die ganz kleinen Babys (von 0 bis 6 Monate) kuemmern, da es davon am meisten gibt. So fuettere ich sie und nehme die in den Arm, dad as niemand macht, auch wenn sie schreien und sie deswegen den ganzen Tag nur im Bett liegen und schlafen und schreien und mit Milch vollgestopft werden. Den Schwestern ist kein Vorwurf zu machen, vollkommen unterbesetzt, ueberarbeitet und schlecht bezahlt. Ich denke, daran liegt es auch, dass es auch soviele geistig behinderte Waisenkinder dort gibt, Babys brauchen schliesslich Liebe und eine Bezugsperson. Deswegen fuehle ich mich jetzt endlich auch sehr nuetzlich, auch wenn die Arbeit nicht gerade abwechslunsreich oder spannend ist. Trotz allem psychisch nicht gerade leicht; da man automatisch eine Beziehung zu den Babys aufbaut, diese aber natuerlich haeufig adoptiert werden. Auch wenn man natuerlich weiss, dass es ihnen in der Familie viel besser gehen wird (die Familie ist ja hier sowieso das hoechste) ist es doch traurig, loszulassen. Die kleinen, die schon ein bisschen sprechen koennen nennen mich auch schon (wie jede Schwester, die etwas mit ihnen macht) Mama, bzw. Die kleinsten auch schon mal Papa.

Einmal die Woche, sonntags mache ich zur Abwechslung dann auch kleinere Ding emit den leichter behinderten und kleinen Kindern, wie basteln oder malen oder ich besuche die groesseren Jungs im anderen Stadtteil.

Da ich bisher noch  nicht gerade viel ueber das Land und die Mentalitaet hier berichtet habe, versuche ich in naechster Zeit euch ein paar mehr Laenderinformationen mitzugeben. Diese sind natuerlich rein objektiv und von meinen Erlebnissen gepraegt also sollte man das ja nicht auf ganz Marokko pauschalisieren!!!!!

Dass Marokko von Gegensaetzen gepraegt ist, faellt schnell auf. Dieses Land scheint zerissen zwischen Regeln und Freiheitsdrang, traditionellen und modernen Werten, Nationalstolz und Immigrationsdrang, okzidentalen und orientalen Normen, zwischen Europa und Afrika, an zwei Weltmeeren gelegen. Besucht man beispielsweise eine Bar, die meist abgedunkelt und nur durch ein Bierschild gekennzeichnet sind, so findet man in Tanger einen Typen, der mit uebertriebener Lautstaerke maghribinische Schnulzen zum Besten gibt. Hinter ihm laeuft – stummgeschalten – die Koranvorlesung zur Gebetsstunde im Fernseher. Neben ihm bekommen die Gaeste zum Bier Salat und fisch fuer die Gesundheit. An der Bar stehen die Prostituierten mit Miniroecken im Guertelformat. Die kopftuchtragende Putzfrau im Hinterstuebchen tut, als waeren sie nicht da. Das Thema Alkohol ist ein doch noch recht heikles Thema hier, auch wenn es viele Maenner gibt die ihn trinken.

Marokkaner fuehlen sich in der Regel auch ein wenig angegriffen, wenn man ihr Land in einem Aspekt in bezug mit  Afrika bringt. Als einziges Land dieses Kontinents, dass nicht in der afrikanischen Union ( aufgrund des Westsahara-Konflikts) ist, will es sich nicht mit afrikanischen Laendern vergleichen, fuehlt sich nicht afrikanisch, sondern (vor allem der Norden) eher europaeisch. Meist hoert man sogar, dass der Norden Marokkos (vor allem tanger) den Suedlern gegenueber rassistisch auftitt – im eigenen Land.

Europa wird allgemein mit permanenten Lobeshymnen bedacht und die Mehrzahl traeumt davon, in den reichen Laendern Arbeit zu finden. Zwar behaupten die meisten, ein Visum zu bekommen waere fuer sie kein Problem, aber die Warteschlangen vor den Konsulaten und hohen Fluechtlingsraten sagen etwas anderes. Die meisten die ich kenne (kann nichts von der Oberschicht erzaehlen) arbeiten 12 Stunden jeweils 6 Tage pro Woche und verdienen damit 160 bis 200 Euro im Monat, was in Marokko mit familie wirklich mehr schlecht als recht ist.

Und einerseits wird zwar immer von der hohen Arbeits- und perspektivlosigkeit geredet, aber die marokkanischen Traditionen, die Landschaft, das Essen, die Gastfreundschaft, die Internationalitaet, der Sprachreichtum und natuerlich der Islam als einzig gute und richtige Religion in hoechsten Toenen gelobt. Allzuoft hoert man ueber die Vorzuege Marokkos schwaermen, 5 Minuten spaeter wird ueber die Faulheit und Rueckstaendigkeit gelaestert: „Dieses Land werde das Beste, wuerde es nicht die vielen Arbeitslosen geben,“ hoert man nur zu oft. Und danach geht es oft bedrueckend weiter: man hat keine Freunde, man moechte gerne nach Europa weil die Leute hier doof sind, man ist erschoepft von dem arbeiten, fragt sich, was der Sinn des Lebens ist... und 5 Minuten spaeter w<ird begeistert von der familie erzaehlt: von der kleinen Tochter, fuer die man soviel arbeitet, von der Frau die man immer lieben wird, von der Mutter, die ueberhaupt das Hoechste hier ist oder der Schwester, die jeden Tag vorbeikommt um die reste des Mittagessen vorbeizubringen und die Waesche zu waschen.

Ich koennte noch tausend Dinge ueber Immigrationsversuche, Schwarzmaerkten, Haschischkonsum, arabisch, dem Islam, Heiratsantraegen, der extremen Gastfreundschaft und das europaer-sein und die mit sich bringende verantwortung schreiben, aber das wuerde gruendlcih den Rahmen sprengen.

In einer Woche werde ich in dern Osterferien in Deutschland sein, um dort meinen Urlaub zu verbingen, wer etwas von mir will, soll sich melden.

Dadurch, dass ich im Moment wirklich viel zu tun habe, werden meine Rundbriefe demnaechst wahrscheinlich nicht mehr so haeufig kommen, ich hoffe das ist verstaendlich.

Allgemein fuehle ich mich hier ein wenig wohler endlich, da ich jetzt mit zwei anderen Leuten zusammenwohne und es keine Probleme mit den Mitarbeiterinnen gibt. Trotz allem faellt man einfach extrem auf und andauernd hoere ich das arabische Wort fuer „Auslaenderin“, woran ich mich wohl nie gewoehnen werde. Und auch das arabisch laesst weiterhin auf sich warten... aber es wird schon alles, inshaallah (so Gott will).

Uebrigens sind ein paar neue alte Fotos auf meiner Homepage.

Liebe Gruesse aus dem viel zu heissen Meknes ohne Meer.

Eure Katrin, die immer mehr zur Karima wird !

 

 
 
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