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RUNDBRIEF VOM 31. OKTOBER 07
Liebe Leute,
Im Vorhinein sorry dass ich so ewig nicht geantwortet habe, aber seit die Franzosen da sind war ich nicht mehr im Internet weil es soooooooo viel zu arbeiten gibt! aber das ist auch sehr gut so. In diesem Rundbrief will ich euch mùal naeheres von meiner Arbeit erzaehlen und die Probleme mit denen ich hier konfrontiert werde. kann sein dass es alles ganz schoen verwirrt klingt, aber cih schwanke permanent zwischen den Momenten, in denen ich amliebsten einfach nur weg will und den Momente, in denen ich vollkommen erfuellt von der Arbeit mit den Jungs und auch von dessen Nuetzlichkeit ueberzeugt bin. Ich glaube, dass ich so eine Art verspaeteten Kulturschock hier grade erlebe, wenn man es so verallgemeinern kann. Vielleicht werden deswegen kleine Dinge etwas schlimm klingen, vielleicht steiger ich mich in manche ungewohnte Sachen viel zu sehr hinein. Aber damit ihr mich richtig versteht, werd ich jetzt erstmal eine sachlich Beschreibung von den Dingen die ich jetzt so mache und erlabt habe abgeben.
Das Wochenende um den 13. Oktober war echt klasse. Endlcih wieder bei Tageslicht fruehstuecken zu koennen!!! Die meisten Kinder und Betreuer haben bei ihren Familie oder dem Rest davon gefeiert und Darna hatte geschlossen, also haben wir mit den uebrigen 20 Kinder die Fete auf der Farm verbracht und gekocht, Lagerfeuer und Musik gemacht. Julien und Felix, die beiden andern Freiwilligen, haben mich besucht ummit mir meinen Geburtstag zu feiern. Jetzt hab ich auch eine kleine marokkanische Shisha!!! Und am Abend sind dann die franzoesichen Kuenstler angekommen, die mit uns die Parade vorbereiten. Also haben wir zu 15. bis in die Morgenstunden gefeiert. Die sind alle total cool, kreativ und alternativ. Und die Welt ist so klein! Laura, eine der drei Maedels hat das besetzte Frauenhaus in Suedfrankreich mitgegruendet wo ich im August war. Wir haben uns nur um wenige Tage verpasst und sie kennt meine franzoesischen Freunde. Die andern wohnen fast alle in besetzten Haeusern. Jetzt wird auch nicht nur dauernd arabisch gesprochen. Wobei ich das franzoesische Franzoesisch echt schlechter verteh als das marokkanische, weil ich so viele Woerter nicht kenne und die so schnell labern. Nach drei Stunden Planum, von dem ich ein Drittel versteh, bin ich echt k.o.
Und ich bin nicht alleine in meinem Haus, Christo und Fifi pennen dort jeden Abend, weil sie das Atelier fuer die grossen Skulpturen auf der Farm machen.
Die Parade, die das Thema Voegel als Symbol fuer die Freiheit traegt, muesst ihr euch wie eine spassige Demo fuer Kinder vorstellen, zumindest tu ich das so. Es ist eine gemeinsame Sache,mit gemeinsamer krativer Arbeit. Am 10. November wird ganz Darna und drei andere Schulen durch die Medina, bis an den hafen marschieren. Wir rechnen mitmindestens 600 leuten, jeder dermitmachen willkann auch mitmachen. Natuerlich wird trotz allen Spasses auf die Situation der Strassenkinder und das Fluechtlingsproblem angesprochen, dafuer der Hafen.
Jasmina und Laura machen das Aterlier Tanzen mit den kleinen, dann gibt es noch Akrobatik, Kostueme schneidern, Masken basteln, Musik, Lieder schreiben, Theater; Strassenkunst, Jonglieren und alles moegliche was man halt machen will wird gemacht. Ich habe ein bisschen im Atelier Musik mitgemacht (die spielen herrlich Violine!!!), mache jetzt aber meine Ateliers nachmittags auf der Farm auf eigene Faust. Ich fange heute mit dem Masken basteln an, Postkartenmalen fuer Heliumluftballons schon angefangen und versucht, mit den Jungs einen Text fuer die Ballade der Parade zu schreiben. Naja, allerdings hatte ich nicht beruecksichtigt dass die meisten nicht schreiben koennen. Daher mache ich die melodei mit ihnen; in meinem atelier musik und den Text versuche ich mit den Maedels im Frauenhaus. Ohne einen andern Betreuer, ohne uebersetzung ist es viel cooler zu arbeiten, wenn man eine kleine Gruppe hat. Die Stimmung ist viel besser, da mich die Jungs nicht als autoritaetsperson ansehen (ein glueck) sondern wie eine schwester. Nach der "Arbeit" machen wir dann meistens Spiele. So ist es super, weil ich eh Probleme mit den Betreuern habe und so halbwegs unabhaengig agieren kann.
Und die Jungs arbeiten so gerne mit mir!!! Gestern habe ich einfach nur einen Kuchen fuer die Jungs backen wollen und die ham sich halb gekloppt wer mit mir arbeiten darf. Daher werde ich jetet auch ein Atelier Baeckerei machen. Auch die Maedels sind total dankbar fuer alles, der Kurs laueft trotz aller Schuechternheit ganz gut, dafuer dass die Gruppe mit 30 Personen eigentloch viel zu gross ist. Tja und Dienstag Nacht werde ich mit Adam; mit dem ich auch Theater auf der Farm mache, Streetwork machen, also durch die Viertel laufen und mit den Strassenkids reden, ob sie nicht mit nach Darna wollen. Das ist super anstrengend, 3 Stunden rumzulaufen, gefaehrlich und mittlerweileist es auch arschkalt nachts.
Es gibt auf jeden Fall jede Menge Arbeit, endlich! Eigentlich kann ich zwar gar nicht sagen, was Arbeit ist und was nicht, da ich mir ja meine zeit selbst einteilen kann und auch was ich mache, aber eigentlich bin ich von 9 uhr morgens bis 9 uhr abends auf Achse. Und sie machtmir superspass; vor allem wenn die Jungs zufieden sind, dann bin ich super gluecklich und vergesse alles und tanze sogar zu extrem schlechter popmusik.
Tja; und jetzt zu den Problemen. vielleicht wird sich dass alles ein bisschen krass anhoeren weil ich mich wohl auch teilweise reinsteiger, aber die letzten Tage waren echt schwer fuer mich. Manchmal ist hier trotz der schoenen Arbeit alles ganz schoen schwierig. Ich habe irgendwie erst jetzt geschnallt, wie die Mehrheit der Leute hier so drauf sind und es ist teilweise schon eine total andere Welt und fuer mich mit extrem vielen Einschraenkungen verbunden. Sogar die offen Leute und Betreuer haben mich enttaeuscht. Das Ding ist, dass ich permanent aufpassen muss was ich sage und was ich mache. Wenn ich mit jemanden ueber irgendwas rede, weiss es danach die halbe Welt. Fast alle, mit denen ich darueber geredet habe, bestaetigen dass, das es hier (und vor allem bei darna) nicht so ueblich ist, direkt mit jemanden zu reden, sondern dass hinter seinem Ruecken die wildesten Geschichten ausgesponnen ist. Und leider ist es die traurige Wahrheit, dass die meisten mit mir reden weil sie sich eine Beziehung erhoffen, sei es weil hier fast alle danken dass europaeische Maedels leichter rumzukriegen sind (was ich nach der allgemein Sichtweise und Medienprojektion des "freien und demokratischen Europas" nicht mal veruebeln kann) oder weil sie sich ein Visa erhoffen oder weil es cool ist europaeische Freunde zu haben.
Aber das ist es was mich stresst, dass ich nie wissen kann ob ich jetzt gemocht werde weil ich ich bin oder weil ich Europaerin bin. Ich weiss wirklich nicht, wem ich hier vertrauen kann und wem nicht.
Auch Dinge, die fuer mich selbstverstaendlich sind, werden hier zu grosssen Dramen. Etwa wenn ich in eine Bar gehe, wenn maennlicher Besuch in meinem Zimmer pennt wird daraus eine riesen klatsch geschichte.
Und es ist unheimlich anstrengend, nichts alleine in der Stadt unternehmen zu koennen weil es zu gefaehrlich ist aber gleichzeitig Angst haben zu muessen, dass man in maennlicher Begleitung gesehen wird, weil dann alle wieder labern... Manchmal kommt es mir tatsaechlich so vor, als muesste ich unglaublich viel von meiner Selbststaendigkeit und Freiheit aufgeben.
Alles was ich moechte, ist als Mensch gesehen zu werden und behandelt zu werden und nicht als europaeische Frau. Nach einer halben Stunde in der Stadt hab ich vor leuter angequatsche keinen bock mehr und teilweise wird man auch richtig penetrant verfolgt.
Waeren die Franzosen nicht da, waere ich hier glaub ich schon verrueckt geworden.
Und ich habe zwei neue Leute getroffen, Nelson aus Guinea-Bisseau und Zoher, einen schwulen Marokkaner. Die sind beide voll laessig.
Tja, leider ist mein Traum von der Grosskommune zerplatzt und ich muss jetzt wohl oder uebel Arbeits- und Privatleben strikt trennen. Falls es nicht besser wird, werde ich mir eine eigene Wohnung suchen um Distanz zu haben. Allerdings will ich die Jungs nicht alleine lassen, da es teilweise Schlaege gibt wenn ein Betreuer mal wieder ueberfordert ist. Und ich habe dass Gefuehl, dass die Jungs mir vertrauen. Gestern habe ich 2 Jungs auf der Strasse getroffen, die die Farm verlassen haben und ziemlich high waren. Das passiert oft, aber es macht mich jedesmal total traurig weil ich auch nichts machen kann wenn sie nicht freiwillig zurueck wollen.
Anstrengend ist auch, dass ich andauernd vorsichtig sein muss, permanent selbstbewusst auftreten muss. Manchmal habe ich das Gefuehl, diese Stadt frisst mich auf, macht meinen Gang steif und mein Gesicht hart. Vor ein paar Tagen wurde mir nachts ein Messer an den Bauch gehalten, ziemlich nah an der Farm. Es ist zwar nichts passiert (ich mach ja nicht umsonst einen Selbstbehauptungskurs :-) aber Schiss hat man trotzdem, vor allem weil ich diese Strasse ja jeden Tag gehe. Aber die grossen Jungs beschuetzen mich. Neulich war eine Strassen schlacht dort, wo die Jugendlichen immer rumhaengen. Ich hatte mich ein bisschen zu ihnen gehockt und als das Gekloppe zwischen 20 Leuten losging, wollte ich was machen, weil auch Jungs von der Farm involviert waren. Viele Jungs hier kommen aus dem Knast und sind teilweise echt aggressiv. Aber die Grossen haben mich einfach auf die Farm zurueckgetragen, weil sie Angst um mich hatten!
Tja, das wars, im Moment geht es wieder aufwaerts und ich brauche einfach nur Zeit, mich an die Mentalitaet hier zu gewoehnen oder aber damit besser umgehen zu koennen. Es sind auf jeden Fall jede Menge Erfahrungen fuer mich, fast jeden Tag werde ich mit neuen Problemen konfrontiert. Kein Tag ist wie der andere!!! Schreibt mir mal, ich habe Angst vergessen zu werden!!!
Ich wuensch euch alles Gute
Eure Karima (mein marrokanischer Name)
P.S: Kann erstmal meine tollen vielen Bilder nicht ins Netz stellen, da ich mein Fotokabel verloren habe... ich hoffe ich finde bald ein Neues.
Lasst was von euch hoeren!! ich vermisse das einfache Leben....
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